Leserbrief an die TT zum Thema Corona

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Anbei die ungekürzte Fassung meines in der am 27.04.2020 erschienenen Ausgabe der Tiroler Tageszeitung abgedruckten Leserbriefs. 
 

LESERBRIEF

Aufgabe der Politik muss es sein, den Weg der minimalen Intervention mit maximaler Wirkung zu beschreiten, also den besten Kompromiss zwischen Eindämmung des Virus und Wahrung der Grundrechte unter weitestgehender Erhaltung des Wohlstandes zu finden. Alle Maßnahmen, die einseitig zulasten der Freiheit oder der Wirtschaft gehen, sind unbedingt zu vermeiden. Es ist deshalb für uns, die wir Bürger dieses Landes sind, von großer Bedeutung, die gesetzten und geplanten Maßnahmen in ihrer Zweckdienlichkeit kritisch zu hinterfragen. Ansonsten besteht das Risiko einer sich rasch entwickelnden Eigendynamik, in der geschaffene Fakten als Vorwand für neue oder verlängernde Maßnahmen dienen, welche irgendwann zur Gefahr für unsere aufgeklärte und freie Gesellschaft werden.
 
Jedem der Verantwortlichen war sicher von Anfang an klar, dass ein totaler Shutdown der Republik zu einem Abklingen des exponentiellen Wachstums führen muss (siehe auch Beispiel China). Die extremen Maßnahmen wurden ja eben damit begründet, dass man die Krankenhauskapazitäten nicht überlasten will, um so jedem Bürger die bestmögliche Behandlung garantieren zu können. In der unübersichtlichen Situation zu Beginn eine absolut richtige Entscheidung, auch wenn vorerst viele andere dringend notwendige Behandlungen hinten angestellt werden mussten.
 
Wichtig danach ist aber eine breite Diskussion darüber, ob die Maßnahmen zu schwach, angemessen oder zu heftig ausgefallen sind. Zu den vorhergesagten Engpässen bei den Krankenhauskapazitäten kam es dank der unmittelbaren Beschränkungen sowie der Disziplin der Menschen nicht. Man muss sich daher nun fragen, ob es nicht sehr wahrscheinlich ist, dass auch mit deutlich weniger Einschränkungen ähnliche Ergebnisse zu erzielen sind. Es drängt sich weiters die Frage nach den Kriterien auf, die eine weitestgehende Aufhebung des Lockdown’s zur Folge haben und damit die Eigenverantwortung eines jeden Einzelnen im Umgang mit dem Virus in den Mittelpunkt stellen. Anders als vor der Pandemie hat sich auch die Bevölkerung nun viele Gewohnheiten angeeignet, die eine Ausbreitung des Virus hemmen. Die Regelungen in Schweden sind hierfür ein gutes Beispiel, welche in der politischen Diskussion in Österreich aber nur eine Randnotiz bleiben. Es muss jetzt zügig eine Balance zwischen adäquater Eindämmung und notwendiger Beschränkung gefunden werden, die auch wieder hoffnungsvolle Perspektiven zulässt.
 
Klar ist, dass sich bei weiterhin zu einseitig gesetzten Maßnahmen der überwiegende Teil des Verlusts von Wohlstand und Freiheit erst in den kommenden Monaten und Jahren niederschlagen wird und wir, die heute oft als Helden titulierten Bürger dieses Landes, die Zeche zahlen werden müssen.
Ich erlaube mir am Ende daran zu erinnern, dass an vielen richtungsweisenden Tagen und Wochen in der Geschichte Europas die Sonne vom Himmel strahlte und man genüsslich dem Gesang der Vögel lauschen konnte, um dabei dem trügerisch beruhigenden Gefühl zu verfallen: „Es geht uns gut und wir sollten zufrieden sein, denn die Politiker und deren Berater wissen schon, was das Richtige ist.“